dieter; 87; rentner; karl marx straße; neukölln; berlin;

berlin – der dieter

pieces of berlin

dieter; 87; rentner; karl marx straße; 19.2.2025;
“ich hab mein ganzes leben in neukölln verbracht. bin in der sonnenallee zur schule gegangen und hab später über 30 jahre als lehrer hier am albert schweitzer gymnasium in der karl marx straße gearbeitet. das war mal eine gute schule, jetzt weiß ich nicht wie es dort läuft. schön aussehen tut es zumindest nicht mehr. wir hatten damals eine tolle friedenssäule, die hat ein künstler gestaltet, die haben sie abgebaut. da wurde nichts mehr gepflegt, das finde ich schade! am sonntag geh ich wieder mal hin, aber nur zum wählen.
früher hat mir hier alles besser gefallen. die karl marx straße war mal die beste straße berlins – und heute, seh dich hier mal um! all die alten läden sind weg: c&a, die alte post, koffer panneck und karstadt ist nun auch komplett kaputt. wir hatten da noch als kinder auf der terrasse zwischen den beiden türmen kaffee getrunken und nach dem krieg in den trümmern gespielt. das war gefährlich, aber was soll’s. zum einkaufen hat man jetzt viel weitere wege. ohne auto ist das kaum zu schaffen für uns, und dann muss noch alles in den zweiten stock geschleppt werden. so fristen wir halt hier unser dasein und überlegen wie wir unser alter noch gestalten können. leicht ist es nicht, aber einen alten baum kann man auf jeden fall nicht umpflanzen. meine tochter meint zwar, wir sollten näher zu ihr ziehen, nach zehlendorf. aber wir haben hier eine schöne wohnung, und außerdem ist so ein umzug auch teuer. man ist hier nach 50-60 jahren so eingerichtet wie mans haben will. am ende würde man sich woanders nur ärgern, weil’s nicht so ist wie im alten zuhause. am meisten würde ich mir einfach wünschen, dass es friedlich in die ewigen jagdgründe geht. aber auch das ist ja mittlerweile nicht mehr so einfach. also dieser trump, der macht politik wie ein geschäftsmann. ich habe ja geschichte studiert, da weiß man, dass das nicht gut gehen kann.”